Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
am 24. Januar 2020 habe ich in einer Zeitung gelesen “In China beginnt das Jahr der Ratte desaströs. Auf Festivitäten muss die Bevölkerung vielerorts verzichten.“ Bereits in den Tagen zuvor kamen immer wieder Meldungen über das grassierende Virus. China ist sehr weit weg!
Ich hätte nicht gedacht, dass wir nur Wochen später ein globales Problem haben und alles, was bisher war, in Frage stellen mussten. Der Beginn eines außergewöhnlichen Jahres und ein Jahr in meiner Amtszeit, in dem auch noch der Katastrophenfall ausgerufen wurde. Was danach kam, war alles andere als lustig. Es hat begonnen mit Nachrichten von panischen Hamsterkäufen, Klopapier, Nudeln, Reis und Hefe waren die Objekte, die vielen Menschen offensichtlich ein sicheres Gefühl in der neuen Situation verschafft haben.
Jedem Hamsterkäufer standen unzählige Ärzte und Ärztinnen, Pflegerinnen und Pfleger, Reinigungskräfte und Verkäuferinnen und Verkäufer gegenüber, die sich um unser aller Wohl gesorgt haben.
„Katastrophen und Krisen bringen das Beste in uns zum Vorschein.“ Dieser Satz eines niederländischen Historikers scheint mir am Ende von 2020 weder ironisch noch sarkastisch. Im Gegenteil, ich habe in den vergangenen Monaten eine Welle der Solidarität erlebt. Bürgerinnen und Bürger haben mit zahlreichen Initiativen, mit großer Hilfsbereitschaft und vielfältigem Engagement dazu beigetragen, dass wir bisher gut durch die Krise gekommen sind.
Wer auf eine harte Probe gestellt wurde sind die Berufstätigen und Selbstständigen in unserer Stadt, die mit existenziellen Nöten zu kämpfen haben und immer noch nicht wissen, wie es weitergeht. Da hoffe ich sehr, dass mit staatlichen Hilfen die meisten Existenzen erst einmal gesichert werden konnten und diese Menschen neue Perspektiven sehen.
Glücksmomente in der Krise, die gab es sicher auch. Viele Menschen haben einfach das Homeoffice und das Zuhausesein genossen. Das Gefühl nichts zu verpassen, zur Ruhe zu kommen und Zeit für die Familie und die eigene Wohnung zu haben, war für manch einen eine willkommene „Anderszeit“. Das zeigt auch die Tatsache, dass Fahrräder, die Natur vor der Haustür und Baumärkte Hochkonjunktur hatten. Manche haben zum ersten Mal einen Skypechat oder eine Zoomkonferenz erlebt. Unsere Kinder sind inzwischen einen Onlineunterricht gewohnt. Ich habe das Gefühl wir sind uns näher gekommen, haben uns in der Krise mehr erreicht als vorher.
Nichtsdestotrotz blicken wir auf ungewöhnliche und anstrengende Wochen und Monate zurück. Auch die vor uns liegende Weihnachtszeit wird nicht so sein, wie gewohnt. Wir sind weiter gefragt, unser Leben in Balance zu halten, zwischen der Sehnsucht nach persönlicher Begegnung und physischer Distanz. Balance halten sollten wir aber auch zwischen den Extremen. Zwischen Panik und Gleichgültigkeit. Es gibt keinen Grund zu verzweifeln, aber auch keinen so zu tun, als ob es die Krise überhaupt nicht gäbe.
Genießen Sie daher den Augenblick. Ich denke, wir haben viel geschafft und sollten mit Zuversicht in das neue Jahr gehen.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein glückliches Weihnachtsfest, auch wenn es einmal anders ist und ein gesundes Jahr 2021, voll guter und neuer Ideen. Halten wir Distanz, um uns dann noch herzlicher in die Arme zu nehmen.
Ihr Robert Ilg
Erster Bürgermeister